Wie jedes Jahr im Herbst ist der Ewigkeitssonntag Anlass für die meisten Menschen, ihrer verstorbenen Angehörigen oder Bekannten besonders zu gedenken. Hierzu besuchen wir sie an ihren Gräbern, gestalten sie wintergerecht und halten inne. Der Friedhof bietet uns eine Oase des Trostes, in der wir uns ganz unserer Trauer oder den vielen schönen aber auch schmerzvollen Erinnerungen widmen können. Ganz beiläufig ist er aber auch ein Ort der Begegnung, der uns Gelegenheit für Gespräch und Kontakt mit Gleichgesinnten bietet. Dabei wirkt die naturnahe Gestaltung auf uns beruhigend und erholsam.
Wie aber sieht die Geschichte dieses christlichen Gedenkplatzes aus, auf dem die Kirchengemeinde St. Marien Barth allen unseren in Barth Verstorbenen die letzte Ruhestätte bietet?
1815 schon wurde der Antrag für den neuen Friedhof auf dem Mühlenberg gestellt. Das Acker-Grundstück gehörte damals zum Viehhof in der Sundischen Straße.
1819 erfolgte die Gründung und Widmung des Evangelischen Friedhofs durch die Kirchengemeinde. Ein im klassizistischen Baustil errichtetes Eingangsportal mit eisernen Stabtüren zierte den damals einzigen Eingang von der Sundischen Straße aus. Den Entwurf dieses Tores hat der akademische Zeichenlehrer Quistorp aus Greifswald gestaltet.
Der erste Verstorbene, der auf diesem neuen Friedhof bestattet wurde, war der Commerzienrat und Altermann der Kaufmannschaft Johann Friedrich Struck. Präpositus (heutige Bezeichnung: Propst) Dr. Werner hat die Einweihung mit erster Bestattungshandlung vollzogen.
Schon 1843 musste ein Antrag auf Erweiterung des Friedhofsareals mit Bau einer gusseisernen Einfriedung und neuen Eingängen gestellt werden.
1856 gab es den Vorschlag, gegenüber des neuen Einganges am Ende des Hauptweges auf einer deutlichen Erhöhung, dem sogenannten Kiekberg, ein großes steinerndes Kreuz aufzustellen. Seit der Errichtung des Kreuzes werden bis heute dort Gedenkgottesdienste abgehalten. Insbesondere am Ostersonntag und Ewigkeitssonntag finden hier Andachten statt, zu der Sie alle willkommen sind.
Kurze Zeit danach musste bereits 1862 der Friedhof erneut erweitert werden. In diesem Jahr wurde gleichzeitig an der Westseite die Friedhofspromenade angelegt. Von hier aus konnte man nun durch zwei neue Eingänge den Friedhof begehen.
Ein Totengräber, der auch für die Ordnung auf dem Friedhof sorgen sollte, wurde 1867 eingestellt. Das erforderliche Friedhofsgärtnerhaus wurde 1874 gebaut.
Die erste Friedhofsordnung erschien dann im Jahr 1875.
Die Stadt Barth ließ 1879 einen Teil des Friedhofs für die nichtchristlichen Bürger anlegen und erwarb dazu das Grundstück für den sogenannten Judenfriedhof von der Kirchengemeinde.
1880 veranlasste Fräulein Luise von Behr die Einrichtung eines Begräbnisplatzes eigens für die Conventualinnen des Adligen Fräuleinstifts in Barth.
Anlässlich der Kriegsgeschehnisse wurde zum besonderen Andenken an die Opfer der Gewaltherrschaft ein Grabfeld mit 58 Einzelgräbern angelegt (Soldatenfriedhof). Außerdem zeugt das Sammelgrab, in dem ca. 150 Umsiedler beigesetzt wurden, von dieser grausamen Zeit. Deshalb werden diese Gräber auf der Grundlage des Gräbergesetzes durch unser Friedhofspersonal dauerhaft erhalten.
Nach der politischen Wende 1989 erfuhr das Friedhofswesen ein verändertes Bewusstsein in der Bevölkerung und auch im Kirchengemeinderat. Die bis dahin immer mehr vernachlässigte Grundstücksbewirtschaftung hinterließ ein teilweise trauriges Erscheinungsbild des Friedhofs. Es war an der Zeit, auch hier entsprechend des allgemeinen wirtschaftlichen Wandels intensiver tätig zu werden.
Die Neubesetzung der Friedhofsverwaltung war der erste Schritt, die Verantwortung für die Organisation von Arbeitsabläufen und Gestaltung der Friedhofsflächen in kompetente Hände zu legen.
Regelmäßige Beratungen mit den einsatzbereiten Mitarbeitenden auf dem Friedhof sorgten für immer bessere Ordnung und Sicherheit sowie ein ansprechenderes Erscheinungsbild.
Eine erste grundlegende Aufräumaktion wurde zusammen mit dem BQB in Angriff genommen. Mit mehreren Bürgern, die derzeit arbeitslos waren, konnten verwilderte Hecken beschnitten, illegale Müllecken gesäubert und Unterstellbauten sowie neue Gießwasserstellen errichtet werden.
Die Verwaltung wurde mit einsatzbereiter Hilfe kreiskirchlicher Dienststellen aus West und Ost auf den neuen EDV-Standard umgewandelt. Dadurch lassen sich nun Recherchen zu Ort und Art und Belegung einer Grabstätte schnell ermitteln. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung, die landesgesetzlich vorgeschrieben ist, bildet die Grundlage der jeweiligen Gebührenperiode und kann durch die moderne Technik fachgerecht vorgenommen werden.
Dankbar blickt die Kirchengemeinde auf alle helfenden Hände und Aktivitäten der bisherigen über 200 Jahre seit Bestehen des Evangelischen Friedhofs Barth. Dankbar ist sie auch für jeden verantwortungsvollen Friedhofsbenutzer, der den Unrat von seiner Grabstätte nicht daneben liegenlässt, sondern die dafür eingerichteten Unratstellen nutzt.
Wir brauchen diesen Ort der Erinnerung und wollen ihn für die Bürger unserer Stadt dauerhaft als Oase für Auge und Seele erhalten.
Bärbel Papst, Friedhofsverwalterin
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